Peter Böhme

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das Münchner Original
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Unsichtbare Kanarienvögel am Rande des Wahnsinns Karl Valentin-Abend im Meierhof des Klosters Benediktbeuern mit viel biographischen Informationen, Lesung, Sketchen und Musik Benediktbeuern - Planegg: Das bedeutete für den Ur-Münchner Karl Valentin „Ausland“. Dahin – quasi ins Exil – zog sich der umtriebige Autor und Schauspieler von 1940 bis Kriegsende zurück, nachdem sein Projekt der „Ritter-Spelunke“, einer Mixtur aus Museum, Gaststätte und Kabarett, in seiner Heimatstadt gescheitert war. Einem vorangegangenen Versuch mit einem „Grusel- und Lachkeller“ war es nicht besser ergangen; dabei hatte nicht nur Valentin, sondern auch seine langjährige Mitstreiterin Liesl Karlstadt alle ihre Ersparnisse eingebüßt. Der Bruch zwischen beiden war die Folge; nach dem zweiten Desaster wählte Valentin den Rückzug ins Planegger Exil. Beim Karl Valentin-Abend im Meierhof des Klosters Benediktbeuern stieg Alfons Schweiggert, Münchener Turmschreiber und Valentin-Spezialist, der schon etliches über den großen Komiker veröffentlicht hat, mit einem breit angelegten biographischen Exkurs in die Materie ein. Obwohl das nicht der einfachste Zugang ist, folgte ihm das zahlreich erschienene Publikum aufmerksam und bereitwillig. Das Duo Oberhorner mit Akkordeon und Gitarre hatte zuvor einen stimmungsvollen musikalischen Einstand geboten. Lange musste man warten auf den ersten der angekündigten Sketche, für die Petra Preußner und Peter Böhme in die Rollen von Karlstadt und Valentin schlüpften. In die Apotheke führte dieser – und mitten hinein in eine ins Surreale abgleitende Unterhaltung zwischen der hilfsbereiten Apothekerin und dem unsicheren Kunden, der ein Medikament für sein krankes Kind besorgen soll – wenn er nur noch wüßte, welches... Schweiggert wandte sich daraufhin der immer noch im Schatten des Meisters stehenden Karlstadt zu, erzählt von ihrer Herkunft aus einfachsten Verhältnissen, ihrer Bedeutung für die gemeinsame Arbeit, ihrem Selbstmordversuch in der Isar 1935. Mit dem „Vogelhändler“ folgte ein Sketch über die Lieferung eines unsichtbaren Kanarienvogels, der Kundin wie Auslieferer an den Rande des Wahnsinns treibt. Der Zeit in Planegg, in der Valentin in seiner Werkstatt Reparaturen aller Art 	gegen Bezahlung in Naturalien, besonders gerne Zigaretten, übernimmt, wurde nach der Pause näher beleuchtet. Nach Kriegsende versucht Valentin nochmals, an seine Münchener Erfolge anzuknüpfen und söhnt sich 1947 sogar mit Karlstadt aus. Da ereilt ihn der Tod - ausgerechnet am Rosenmontag 1948. Man begräbt ihn am Aschermittwoch: einem merkwürdig passenden Termin. Viel Applaus nach einem langen Abend, der Schaffen und Biographie vielleicht noch stärker hätte verflechten können. SABINE NÄHER SZ-Landkreisausgaben WOLFRATSHAUSEN                              Montag, 18. April 2005 Wolfratshausen Seite R2 ________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________